Zwei behandschuhte Hände halten jeweils eine Petrischale mit Proben in rot vor schwarzem Hintergrund.

Diabetes-Typ-1-Patient kommt ohne Insulin aus

Menschen mit Diabetes Typ 1 können derzeit nicht geheilt werden. Durch die angeborene Stoffwechselerkrankung sind sie ein Leben lang auf Insulin angewiesen. Nun wird ein schwer an Diabetes erkrankter Mann durch Stammzelltherapie erfolgreich behandelt.

Bei einer Unter­su­chung zur Wirk­sam­keit einer Stamm­zell­the­ra­pie ist es gelun­gen, einen Dia­be­tes-Typ-1-Pati­en­ten unab­hän­gig von Insu­lin zu machen. Der Mann, der vor­her mit hohen Dosen Insu­lin behan­delt wer­den muss­te, kommt 270 Tage nach der The­ra­pie ganz ohne Insu­linin­jek­tio­nen aus, schrei­ben die For­schen­den in ihrem Fall­be­richt, der zudem auf der Jah­res­ta­gung der Ame­ri­can Dia­be­tes Asso­cia­ti­on vor­ge­stellt wur­de.

Bei dem damals 64-Jäh­ri­gen wur­de dem­zu­fol­ge bereits 40 Jah­re zuvor die ange­bo­re­ne Stoff­wech­sel­krank­heit dia­gnos­ti­ziert. Im Jahr vor der Stamm­zell­the­ra­pie hat­te der Mann bereits fünf lebens­be­droh­li­che Zustän­de durch Unter­zu­cke­rung durch­ge­macht. Er muss­te mit einer hohen Dosie­rung von 34 Ein­hei­ten Insu­lin täg­lich behan­delt wer­den und wur­de auf­grund der Schwe­re sei­ner Erkran­kung als ers­ter Pati­ent für die Stu­die zur Stamm­zell­the­ra­pie ausgewählt.

Eini­ge Zeit spä­ter wur­de die glei­che The­ra­pie bei einer wei­te­ren Pati­en­tin ange­wen­det. Bei der damals 35-Jäh­ri­gen wur­de vor knapp elf Jah­ren Dia­be­tes Typ 1 erst­mals dia­gnos­ti­ziert. 150 Tage nach der ein­ma­li­gen Gabe der Stamm­zel­len war sie zwar nicht insu­linun­ab­hän­gig, konn­te jedoch ihre Insu­lin­do­sis um 30 Pro­zent sen­ken. Bei einem drit­ten Dia­be­tes-Pati­en­ten wur­de die Dosis der Stamm­zel­len auf­grund der vor­an­ge­gan­ge­nen Ergeb­nis­se nun ver­dop­pelt. Die Ergeb­nis­se dazu lie­gen aktu­ell jedoch noch nicht vor. Für die lau­fen­de Stu­die sol­len noch wei­te­re Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit Stamm­zell­the­ra­pie behan­delt werden.

Therapie nicht für jeden mit Diabetes Typ 1 geeignet

Bei allem Erfolg und Hoff­nung, die die­se Unter­su­chung für Men­schen mit Dia­be­tes Typ 1 macht, gibt es jedoch noch meh­re­re Wid­rig­kei­ten. Alle, die wegen Dia­be­tes Typ 1 mit der Stamm­zell­the­ra­pie behan­delt wer­den, müs­sen soge­nann­te Immun­sup­pres­si­va, also Medi­ka­men­te zur Unter­drü­ckung des eige­nen Immun­sys­tems ein­neh­men. Damit sol­len Absto­ßungs­re­ak­tio­nen der Stamm­zel­len ver­hin­dert wer­den. Gleich­zei­tig kommt es durch die­se Art der Medi­ka­men­te jedoch zu einer Rei­he von Ein­schrän­kun­gen und Nebenwirkungen.

Aus medi­zi­ni­scher Sicht sind des­halb die täg­li­chen Insu­linin­jek­tio­nen im Ver­gleich zur lebens­lan­gen Ein­nah­me von Immun­sup­pres­si­va noch immer mit weni­ger Nach­tei­len für Dia­be­tes-Pati­en­tin­nen und ‑Pati­en­ten ver­bun­den. Für eine Stamm­zell­the­ra­pie kom­men des­halb nur Per­so­nen mit Dia­be­tes Typ 1 infra­ge, die ent­we­der einen beson­ders schwe­ren Krank­heits­ver­lauf haben oder wegen einer Organ­trans­plan­ta­ti­on bereits Immun­sup­pres­si­va einnehmen.

Transplantation von Inselzellen ist selten

Bereits seit mehr als zwei Jahr­zehn­ten ist es mög­lich, die soge­nann­ten Insel­zel­len von Ver­stor­be­nen zu gewin­nen und als The­ra­pie bei Dia­be­tes-Typ-1-Pati­en­tin­nen und ‑Pati­en­ten ein­zu­set­zen. Doch die­se The­ra­pie wird rela­tiv sel­ten ange­wandt. Zum einen feh­len welt­weit und per­ma­nent die Spen­der dafür, zum ande­ren müs­sen auch die so behan­del­ten Per­so­nen lebens­lang Immun­sup­pres­si­va ein­neh­men, um die zuvor trans­plan­tier­ten kör­per­frem­den Zel­len nicht wie­der abzu­sto­ßen. Eine Mög­lich­keit, dem per­ma­nen­ten Man­gel an Spen­der­zel­len zu begeg­nen, ist der Ein­satz von Stamm­zel­len. Die­se las­sen sich unbe­grenzt im Labor her­stel­len und mit dem ent­spre­chen­den Pro­gramm in jede Zel­le des Kör­pers umwandeln.

Die Fir­ma Ver­tex Phar­maceu­ti­cals hat die aktu­ell ver­wen­de­ten Stamm­zel­len mit der Bezeich­nung VX-880 mit­tels einer beson­de­ren Tech­no­lo­gie her­ge­stellt. Sie lässt auch die Wir­kung der Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on bei Dia­be­tes Typ 1 in den ers­ten bei­den Fäl­len durch das Team um James Mark­mann vom Mas­sa­chu­setts Gene­ral Hos­pi­tal in Bos­ton unter­su­chen. Ver­tex mit Sitz in Bos­ton ist eige­nen Anga­ben zufol­ge zuver­sicht­lich, das Pro­blem der Absto­ßung in Zukunft lösen zu kön­nen. Die Fir­ma forscht dem­nach bereits an einer Mög­lich­keit, die insu­lin­pro­du­zie­ren­den Beta-Zel­len im Kör­per zu ver­kap­seln. So sol­len die unge­wünsch­ten Absto­ßungs­re­ak­tio­nen ver­mie­den und die Ein­nah­me von Immun­sup­pres­siv über­flüs­sig gemacht wer­den. Ob das wirk­lich gelingt, soll in wei­te­ren kli­ni­schen Stu­di­en zeit­nah unter­sucht werden.

Quelle

https://www.n‑tv.de/wissen/Diabetes-Typ-1-Patient-kommt-ohne-Insulin-aus-article23405596.html

Stand: 20.06.2022, 10:12 Uhr

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