Insulinpräparate und Blutzuckermessgerät von Orangem Hintergrund.

WHO verlangt Preissenkung für Insulin

Viele Menschen mit Diabetes sind auf Insulin angewiesen, da ihr Körper es selbst nicht mehr bilden kann. Doch die Pharmahersteller lassen sich das lebensrettende Hormon teuer bezahlen. Die WHO will nun nicht länger dabei zusehen.

Mil­lio­nen Dia­be­ti­ker welt­weit kom­men 100 Jah­re nach der Ent­de­ckung des Insu­lins noch immer nicht an das lebens­ret­ten­de Hor­mon. Dafür gibt es nach Anga­ben der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) vie­le Grün­de, wie sie zum Welt­dia­be­tes­tag am Sonn­tag schreibt: Unter ande­rem sei­en die Gesund­heits­sys­te­me in zu vie­len Län­dern zu schwach, die Insu­lin-Prei­se sei­en zu hoch, getrie­ben durch die Popu­la­ri­tät teu­rer Insu­lin­ana­lo­ga, und der Wett­be­werb sei gering, weil drei Her­stel­ler den Markt dominierten.

Insu­lin sei ein Mil­li­ar­den­markt gewor­den, kri­ti­sier­te WHO-Chef Tedros Adha­nom Ghe­breye­sus. “Die Wis­sen­schaft­ler, die das Insu­lin vor 100 Jah­ren ent­deck­ten, wei­ger­ten sich, dar­aus Pro­fit zu zie­hen und ver­kauf­ten das Patent für nur einen Dol­lar”, sag­te er. Die­se Ges­te der Soli­da­ri­tät gel­te heu­te nicht mehr.

Das Hor­mon Insu­lin regu­liert die Auf­nah­me von Glu­co­se in Kör­per­zel­len. Nötig ist es für Men­schen mit der Stoff­wech­sel­stö­rung Dia­be­tes mel­li­tus, die für eine Über­zu­cke­rung sorgt. Des­halb spricht man auch von “Zucker­krank­heit”. Insu­lin wird von den Insel­zel­len der Bauch­spei­chel­drü­se gebil­det. Fre­de­rick Ban­ting und Charles Best schaff­ten es an der Uni­ver­si­tät in Toron­to 1921 erst­mals, Insu­lin aus Gewe­be der Bauch­spei­chel­drü­se zu gewinnen.

Im Juli 1921 gelang es ihnen, das Hor­mon erst­mals aus der Bauch­spei­chel­drü­se eines Hun­des zu iso­lie­ren. Ein Mei­len­stein in der Medi­zin, denn bis zu die­sem Zeit­punkt gab es kei­ner­lei The­ra­pie­mög­lich­kei­ten für Dia­be­tes. Schon kurz nach der Ent­de­ckung konn­ten Erkrank­te erfolg­reich mit tie­ri­schem Insu­lin behan­delt wer­den. 1923 erhielt Ban­ting dafür den Nobel­preis für Medi­zin. Das Preis­geld teil­te er sich mit Best.

Neue Medikamente möglich

Rund neun Mil­lio­nen Men­schen leben nach Schät­zun­gen der WHO mit Dia­be­tes Typ 1, einer Auto­im­mun­krank­heit, bei der die Insu­lin pro­du­zie­ren­den Zel­len in der Bauch­spei­chel­drü­se zer­stört wer­den. Rund 60 Mil­lio­nen Men­schen leben mit Dia­be­tes Typ 2. Dabei ist die Wir­kung des Insu­lins in den Kör­per­zel­len ver­min­dert. Die­ser Dia­be­tes-Typ gehe zu mehr als 80 Pro­zent mit Fett­lei­big­keit ein­her, schreibt die Deut­sche Dia­be­tes­stif­tung. Ohne Insu­lin­ga­be dro­hen die­sen Men­schen Nie­ren­ver­sa­gen, Blind­heit oder Ampu­ta­tio­nen. Nur die Hälf­te der Men­schen mit Typ 2‑Diabetes bekä­men Insu­lin, so die WHO. 80 Pro­zent der Dia­be­ti­ker leb­ten in ärme­ren Ländern.

Die WHO ver­langt unter ande­rem mehr Inves­ti­tio­nen in die Pro­duk­ti­on, um stär­ke­ren Wett­be­werb her­zu­stel­len, damit die Prei­se sin­ken. Seit den 1980ern wird Insu­lin gen­tech­nisch her­ge­stellt. Bis heu­te ist die The­ra­pie mit Insu­lin für Men­schen mit Dia­be­tes Typ 1 über­le­bens­wich­tig. Rund 90 Pro­zent des Insu­lins wird heu­te von drei Unter­neh­men her­ge­stellt: Eli Lil­ly (USA), Novo Nor­disk (Däne­mark) und Sano­fi (Frank­reich).

Vor allem müs­se die Pro­duk­ti­on von soge­nann­tem Human­in­su­lin stei­gen. Dabei wird das mensch­li­che Gen für Insu­lin in die Erb­sub­stanz von Darm­bak­te­ri­en oder Hefepil­zen ein­ge­baut. Es sei genau­so effek­tiv, aber deut­lich bil­li­ger als Insu­lin­ana­lo­ga. Die­se setz­ten sich am Markt durch, weil sie durch einen ande­ren Auf­bau der Ami­no­säu­ren­se­quenz schnel­ler wirk­sam sind.

Quelle

https://www.n‑tv.de/wissen/WHO-verlangt-Preissenkung-fuer-Insulin-article22926670.html

Stand: 20.06.2022, 11:43 Uhr

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